„Genüsslich zelebriert Matthias Fletzberger am Pult das abschließende Stück „Das Diner“,eine Art komponierte Speisekarte. Mit Augenzwinkern komponiert und vom Ensemble am Platz mit Augenzwinkern ausgeführt, erfreut man sich an einer Fülle köstlicher musikalischer Zitate: Richard Wagners tonmalerische Wellen aus Rheingold erklingen in „Salmen vom Rhein“, im Stück „Hammelkeule nach italienischer Weis“ wird das Schafsgeblöke aus seiner eigenen Tondichtung Don Quixote serviert, und das Vogelgezwitscher aus dem Rosenkavalier begleitet den Gang „Drosseln und Lerchen auf „Salbei und Thymian“. Das Ensemble blüht förmlich auf – vom musikalischen Kammerspiel bis zur „trunkenen Geierlichkeit“. Dankbarer Applaus – und das Publikum wird in die Pause entlassen.
Die folgende konzertante Wiedergabe der Ariadne auf Naxos steht im Mittelpunkt des Sommernachtkonzerts. Camilla Nylund zeichnet in der Titelpartie mit ihrem hochdramatischen, silbrig-hellen und zugleich warmen Sopran den Weg aus tiefster Verzweiflung und Todessehnsucht hin zu einer unvermuteten Liebesbeziehung zu dem aus dem Meer auftauchenden und sich ihr behutsam nähernden und sie bestrickenden Bacchus. Wie schon in Die Frau ohne Schatten an der Staatsoper bestätigt die finnische Sängerin, dass es derzeit kaum eine idealere Strauss-Sopranistin gibt. Sie bezaubert mit ihrer glasklaren, textverständlichen Ariadne das Publikum – und natürlich auch Bacchus, der mit ihrem Ehemann, aus Holland stammenden Tenor Anton Saris besetzt ist. Ein höhensicherer Bacchus, fein timbriert und stark genug, um auf der Open-Air-Bühne mit seinen fordernden „Circe“-Rufen bestehen zu können.
Gesanglich eine Freude ist auch das homogen klingende Terzett der Nymphen. Yungsoom Kim (Najade), Alina Dragnea (Dryade) und Celina Hubmann (Echo) singen mit inniger Zartheit und sind, obwohl etwas außerhalb der Bühne und ohne Dach positioniert, dennoch gut hörbar. Betörender, zauberhafter Gesang.
Bemerkenswert ist Georg Lehner als Harlekin. Ein Bariton der erst nach mehrjähriger Berufstätigkeit als Oboist mit den Wiener Symphonikern und den Philharmonikern zum Gesang gefunden hat und sich in der Rolle des Harlekin, als feinsinnig komödiantische Bereicherung, bestens bewährt.
Das Ensemble am Platz erweist sich trotz der sparsamen Besetzung auch als gut funktionierendes Opernorchester. Erstaunlich, wie es unter der Stabführung von Matthias Fletzberger gegen Schluss der Oper plötzlich mit so großer Klanggewalt aufspielt, als ob es darum ginge, Wagners GötterdämmerungKonkurrenz zu machen, was aber der Partitur durchaus entspricht. “
Der Neue Merker, Manfred Wagner, 15.08.2021
Fotos: © Gesine Görlich-Fletzberger